22. November 2022 | Menschen
22. November 2022 | Menschen
Im Januar 2021 haben die Krankenversicherungsverbände curafutura und santésuisse eine Branchenvereinbarung «Vermittler» in Kraft gesetzt. Wie kam es dazu, und was hat die Vereinbarung bisher gebracht? Wir fragen unser VBV Vorstandsmitglied Hansjörg Setz, Leiter Markt und Geschäftsleitungsmitglied bei der Concordia.
Was waren die Hintergründe und Absichten für die Erarbeitung der Branchenvereinbarung?
Die Hintergründe liegen aus meiner Sicht erstens bei der Wahrnehmung durch die Kundinnen und Kunden und der damit verbundenen politischen Bedeutung bei der sozialen Krankenversicherung und den Zusatzversicherungen. Die Kaltakquise (Telefonwerbung) durch Vermittler ist gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert, und man musste zudem feststellen, dass sich die Qualität in der Versicherungsvermittlungstätigkeit ungenügend weiterentwickelte. Zudem sahen wir, dass sich die Provisionen für vermittelte Versicherte in der Krankenversicherung wegen des harten Verdrängungswettbewerbs als zu hoch erwiesen. So schaffte das Parlament Mitte des letzten Jahrzehnts Grundlagen zur Selbstregulierung durch die Branche.
In der Folge nahm 2017 eine Arbeitsgruppe aus den Verbänden santésuisse und curafutura die Arbeit auf, was letztlich zur Branchenvereinbarung Vermittler führte. Sie soll die Qualität der Beratung und die Entschädigung an die Vermittler in der Kundenwerbung im Rahmen einer Selbstregulierung steuern. Dabei muss man wissen, dass die obengenannten Probleme bei der Kundenakquisition bei der Vermittlungstätigkeit durch externe Vermittler lagen. Die Krankenversicherer können den Eigenvertrieb direkt steuern und die Qualität gut beeinflussen, was bei den externen Vermittlern schwieriger ist.
Alle externen Versicherungsvermittler, die mit Krankenversicherungen zusammenarbeiten, müssen seit August dieses Jahres in Cicero eingetragen sein. Was hat das in der Branche ausgelöst? Was sind die konkreten Folgen für Ihr Unternehmen?
Die Branchenvereinbarung Vermittler wurde im Januar 2020 publiziert, und sie trat in den wesentlichen Teilen per Anfang 2021 in Kraft. Um die Qualität bei der Beratung durch die externen Vermittler/-innen zu verbessern, beschloss die Krankenversicherungsbranche, die Cicero-Mitgliedschaft ab Mitte 2022 einzufordern. Die externen Vermittler/-innen hatten also zweieinhalb Jahre Zeit, sich die notwendigen Qualifikationen anzueignen.
Viele Vermittler/-innen haben in der Folge die Basisqualifikationen erlangt und in vielen Fällen die Ausbildung zur Versicherungsvermittler/-in VBV abgeschlossen. Dies führte insbesondere 2021 und 2022 zu einer erhöhten Zahl an Prüfungsanmeldungen beim VBV. Die Krankenversicherer überprüfen seit Sommer 2022 die Cicero-Mitgliedschaft ihrer Vermittler/-innen. Seither dürfen externe Vermittler/-innen nur noch Krankenversicherungen vermitteln, wenn sie Cicero-Mitglied sind. Weiter haben die Krankenversicherer nach Unterzeichnung der Branchenvereinbarung die Vermittlerverträge so angepasst, dass sie dieser entsprechen. Das war auch bei uns der Fall und führte u.a. zu erhöhten Ansprüchen bei der Qualitätssicherung.
Auch die Bundespolitik befasst sich mit der Versicherungsvermittlung im Krankenversicherungsbereich. Was ist da zu erwarten?
Sie sprechen hier die Allgemeinverbindlichkeitserklärung zur Branchenvereinbarung an. Es ist so, dass die Branchenvereinbarung für diejenigen Krankenversicherer gilt, die sie unterschrieben haben. Der überwiegende Teil hat dies getan – aber eben nicht ganz alle. Das heisst nun, dass sogenannte «Aussenseiter» nicht eingebunden sind und profitieren. Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung hat zum Ziel, eine Branchenlösung für alle Branchenteilnehmer anzuwenden. Diese gilt für die Krankenversicherer und hat keine Relevanz für andere Versicherungssparten.
Im Weiteren ist im revidierten VAG vorgesehen, Mindeststandards für die Aus- und Weiterbildung in der Versicherungswirtschaft gesetzlich zu verankern. Diese gelten zukünftig für die gesamte Assekuranz, und die Krankenversicherung ist als Teil davon auch betroffen. Persönlich unterstütze ich die Stossrichtungen hierzu, um die Berufsbilder in der Assekuranz glaubwürdig weiterzuentwickeln.
Sie arbeiten als Vorstandsmitglied aktiv im VBV mit, und Concordia ist Mitglied bei santésuisse. Was können und sollten die Verbände im Vermittlerbereich leisten?
Aus meiner Sicht ist die Kommunikation zu und mit den Kundinnen und Kunden in der Versicherungswirtschaft der zentrale Schlüssel für eine erfolgreiche und tragfähige Kundenbeziehung. Vertrauen muss man sich als Versicherungsunternehmen erarbeiten. Unsere Mitarbeitenden stehen regelmässig im Kontakt mit den Versicherten, und der Vertrieb mit einer persönlichen Beratung ist in vielen Lebenssituationen für die Kundinnen und Kunden nach wie vor zentral.
Aus diesem Grund müssen die zuständigen Verbände die aktuellen Berufsbilder immer wieder hinterfragen und weiterentwickeln. Das passiert aktuell sowohl beim VBV als auch bei santésuisse. Die Ausbildung Versicherungsvermittler/-in ist Teil dieser Reformen.